Nach dem trockenen Frühjahr rückt der heiße Sommer näher, der für die Bäume im gesamten Rhein-Sieg-Kreis schädliche Folgen hinterlässt. Die durchgängige Hitze, Trockenheit und die seltenen
Regenfälle belasten alle Pflanzen, aber vor allem die Bäume. Ihr Wachstum wird eingeschränkt, sie werden geschwächt bis sie komplett absterben. Das Wasser hilft ihnen, in der Photosynthese
Kohlenhydrate zu produzieren und Nährstoffe aufzunehmen.
Die Biologische Station, mit Sitz in Eitorf, betreut insgesamt mehr als 3000 Obstbäume auf über 60 Einzelflächen bzw. über 40 Hektar, sowohl im rechts- als auch im linksrheinischen
Rhein-Sieg-Kreis verteilt. Die meisten dieser Obstbäume sind alt genug, sodass sie ein tiefreichendes Wurzelwerk ausgebildet haben und mit Dürren, wie sie in den letzten Jahren und aktuell
vorherrschen, noch einigermaßen zurechtkommen. Im Gegensatz dazu leiden die jüngeren Obstbäume (< 5 Jahre) stark unter dem Wassermangel, da ihre feinen Wurzeln in den ersten Wachstumsjahren
nur die obere Bodenschicht durchdringen. Die aktuelle Dürre hat jedoch dazu geführt, dass man erst in tieferen Schichten als gewöhnlich Feuchtigkeit im Boden vorfindet – darüber ist es
staubtrocken.
Während viele Menschen stöhnen, weil nach wochenlangem, sommerlichem und „schönem“ Wetter wieder ein paar Tropfen Regen vorhergesagt werden, stöhnen wir ebenfalls, da uns bewusst ist, dass diese
geringe Menge der Natur bei Weitem nicht reicht.
Um das Vertrocknen der Obstbäume zu verhindern, versorgen wir aktuell weit mehr als 200 Jungbäume mit Wasser. Vor allem die neu gepflanzten Obstbäume liegen uns sehr am Herzen, von denen viele im
letzten Winter im gesamten Rhein-Sieg-Kreis gepflanzt wurden. Die meisten der vor 2 oder 3 Jahren gepflanzten Obstbäume, die bei diesen heißen und trockenen Frühjahren und Sommern ebenso durstig
sind, können wir aufgrund mangelnder Zeit- und Personalkapazitäten leider nicht versorgen. Zudem können wir FÖJler (Freiwilliges ökologisches Jahr) und unser Kollege aus dem Bereich
Landschaftspflege nicht jeden Arbeitstag einer Woche für das Gießen opfern, da wir neben den Obstbäumen noch viele andere Aufgaben haben, wie z.B. Holzarbeiten, Mahd, Entbuschung, beim
Schafumtrieb helfen und vieles mehr.
Ein typischer Tagesablauf sieht so aus, dass wir schon um 7 Uhr morgens in der Station eintreffen und Anhänger und Sprinter mit insgesamt vier bis fünf 1000 Liter Fässern beladen. Dann fahren wir
zum nächstgelegenen Hydranten der Gemeinde Eitorf, um dort die Fässer zu füllen. Bis vor kurzem haben wir die Fässer noch mit einem Standard-Gartenschlauch befüllt, was pro Fass mindestens
anderthalb Stunden in Anspruch nahm. Jetzt dauert es max. 15 Minuten bis ein Fass komplett befüllt ist. So schaffen wir es, mit allen weiteren Vorbereitungsarbeiten um kurz nach 8 Uhr unsere
Wassertour zu starten. Dabei fahren wir, sofern wir personell gut besetzt sind, in zwei Teams Flächen in Meckenheim, in den Sieg-Auen, im Siebengebirge sowie mehrere Obstwiesen in Hennef und
Eitorf an. Da allein die Fahrt von Flächen zu Fläche so zeitintensiv ist, benötigen wir in der Regel zwei Arbeitstage, um alle Obstbäume zu gießen. In den meisten Fällen können die Obstwiesen
nicht direkt befahren werden, da sie hängig, schlecht zugänglich sind oder einfach sehr abgelegen liegen. Wir müssen das Wasser also gießkannenweise von Baum zu Baum schleppen.
Dabei wird jeder der über 200 jungen Obstbäume mit 50 Liter Wasser versorgt. Insgesamt fahren wir also fast 11.000 Liter Wasser. Das bedeutet bei einem Team von 5 FÖJlern/Praktikanten, dass jeder
Einzelne über 200 Gießkannen á 10 Liter, meist über weite, steile und unebene Strecken tragen muss. Da der Boden so trocken ist, müssen wir das Wasser sehr langsam und mit Brauseaufsatz an den
Obstbäumen ausgießen, da es sonst sofort oberflächlich ablaufen und den Wurzelbereich der Obstbäume nicht erreichen würde.
Warum machen wir uns die ganze Mühe überhaupt?
Der Rhein-Sieg-Kreis ist der obstwiesenreichste Kreis in NRW, wodurch der Biologischen Station im RSK eine besondere Verantwortung für den Erhalt und die Pflege von Obstwiesen zukommt. Obstwiesen
sind eine besondere und wertvolle Kulturlandschaft, die es zu erhalten gilt. Wir kümmern uns insbesondere darum eine Vielfalt von alten, seltenen und regionalen Obstsorten zu bewahren, indem wir
jedes Jahr neue Obstbäume veredeln und auf unseren Obstwiesen pflanzen. Zudem betreiben wir Vertragsnaturschutz, d.h. wir verpflichten uns vertraglich u.a. für die Nachpflanzung und Pflege der
Obstbäume. Außerdem beernten wir jeden Herbst unsere Apfelbäume und lassen daraus unseren exklusiven Streuobstwiesen-Apfelsaft in Kooperation mit Bad Hönninger herstellen und vermarkten somit ein
regionales Naturprodukt.
Darüber hinaus machen insbesondere wir FÖJler uns diese Mühe, damit die Obstbäume, die wir im vergangenen Herbst im Schweiße unseres Angesichts gepflanzt haben überhaupt eine Chance haben ein
gutes Wurzelwerk zu bilden und die nächsten Jahre zu überleben. Sie sollen einmal große starke Obstbäume werden, die spätere Generationen von FÖJlern dann beernten können.